Tischlerei Otterbein,

seit 1935 für Sie da.

Lesen Sie auch in unsere ausführliche Firmengeschichte, die Hermann Otterbein jun. aufschrieb. Ein lebendiges Dokument Wuppertaler Zeit- und Wirtschaftsgeschichte.


1935-1944

Der Firmengründer: Hermann Otterbein sen.

 

Am 1.7. 1935 übernahm der Tischlermeister Hermann Otterbein ein Teilgewerbe der Firma Dietrich Siemers in Wuppertal - Elberfeld, Brillerstraße 35.

 Die Fa. Siemers war eine Antiquitätenhandlung mit angegliederter Werkstatt. Diese Werkstatt übernahm Hermann Otterbein sen. mit einem Gesellen und einem Lehrling. Die Verbindung mit Herrn Siemers dauerte nur bis zum 31.5. 1937. Andauernde Spannungen und Kompetenzstreitigkeiten zwischen dem Handelsgeschäft von Herrn Siemers und der Werkstatt von H. Otterbein führten letztendlich zur Aufgabe dieser Verbindung.

 

Am 1.6. 1937 wurde Hermann Otterbein sen. Teilhaber der Fa. Habrichs. Die Fa. Habrichs handelte mit Sperrholz, Nägeln, Schrauben, Farbe, Papier und Bastlerartikeln. Das Geschäft lief sehr gut zumal die damals aufkommende "Hitlerjugend" segelflugbesessen war. Es wurden hunderte Segelflugmodelle und Schiffsmodelle monatlich verkauft. Man kaufte Nägel, Schrauben, Sperrholz und Massivholz in großen Mengen und verkaufte sie in Kleinstmengen und in kleinen Abmessungen weiter. Wenn man so will ein kleiner Baumarkt. Hermann Otterbein richtete sich in Hinterräumen eine Werkstatt ein in der er kleinere Reparaturen durchführte aber auch Bastlerlehrgänge abhielt.

Der neue Firmenname lautete nun Habrichs & Otterbein, Handel mit Bastelbedarf, feine Tischlerarbeiten. Der Firmensitz : Wuppertal-Elberfeld, Schönegasse 5. Da der Mitinhaber, Herr Christian Habrichs mehrfach bei Unterschlagungen aus der Tageskasse erwischt wurde, trennte man sich am 31.12.1937.

 

Im Hof der Werkstatt Kasinostraße 24 in Wuppertal-Elberfeld, siehe Foto rechts, mietete Hermann Otterbein sen. 24 Räume der Sattlerei Jansen an. Hier firmierte er seit dem 1.1. 1938 unter dem Namen Hermann Otterbein Kunsttischlerei und Antiquitäten.


Der Anfang war sehr dornig. Von der Tischlerei Quinkler, Herr Quinkler war verstorben, kaufte H. Otterbein die Werkstatteinrichtung. Vier Hobelbänke, eine größere Menge Profilhobel, Furnierböcke und Reste an Holz. Einige noch nicht fertiggestellte Aufträge der Fa. Quinkler durfte er fertig stellen. Ein Rundschreiben an die alte Kundschaft aus den Anfängen in Wuppertal-Elberfeld brachte den gewünschten Erfolg. Mit einem Gesellen und dem Lehrling aus der Siemerszeit lief es so langsam an.

Ein Großteil der Kundschaft aus dem Brillerviertel waren Juden. Seit dem 1. April 1933 setzte eine langsame Boykottierung der jüdischen Geschäfte und nach der sogenannten "Reichskristallnacht" vom 9.-11. November 1938, in der vielen jüdischen Familien Hab und Gut zertrümmert wurde, eine massive Judenverfolgung ein. Viele unserer jüdischen Kunden stellten Anträge auf Auswanderung. Als Deutscher-Staatsbürger jüdischer Herkunft, durfte man nur eine Kiste in den Abmessungen 2m x 2m x 2m d.h. acht Kubikmeter mitnehmen. Nun war die Fa. Otterbein gefragt. Alles was sich irgendwie zerlegen und stapeln ließ wurde auseinandergenommen. Ganze Einrichtungen wurden so gerettet. Die Fa. Otterbein hatte Hochkonjunktur. Die Belegschaft war mittlerweile auf drei Gesellen angewachsen.

 Seit dem 1. Januar 1939 wurde das jüdische Kapital eingefroren. Jede Rechnung die einem jüdischen Kunden ausgestellt wurde, musste bei der Stadtsparkasse Wuppertal eingereicht werden und wurde von dort auch bezahlt. Somit war man registriert. Hermann Otterbein sen. wurde eines Tages zur NSDAP ( National Sozialistische Deutsche Arbeiter Partei) Geschäftsstelle zitiert. Dort wurde ihm erklärt, dass ein Deutscher nicht für "Judenschweine" arbeitet. Er arbeitete weiter für seine jüdische Kundschaft.

 

Im Herbst 1939 wurde Hermann Otterbein vorzeitig zu den Kölner Pionieren eingezogen und in Graudenz / Ostpreußen ausgebildet. Seine militärische Karriere endete mit der Beförderung zum Unteroffizier im März 1945, die Personalakte mit dem Vermerk „judenfreundlich", war wohl in den Wirren der Endzeit des Krieges verschwunden, so dass einer Beförderung nichts mehr im Wege stand. Hermann Otterbein wurde im Krieg mehrfach verwundet und mit einer 40 % Behinderung im Februar 1946 aus englischer Kriegsgefangenschaft entlassen. Die bis Ende 1939 beschäftigten Gesellen erledigten die Restarbeiten. Der Altgeselle Herr Gerstung wurde zur Fa. Quante Dienstverpflichtet, die anderen Mitarbeiter zum Kriegsdienst eingezogen.


1945-1965

Der Neuanfang nach dem 2. Weltkrieg

 

Am 1. März 1946 nahm die Fa. Otterbein wieder in den Räumen in der Kasinostraße 24 ihre Tätigkeit auf. Die Hobelbänke waren noch da, aber das gesamte Werkzeug und Material war gestohlen. Wieder begann ein dorniger Weg. Mit Hilfe des ehemaligen Altgesellen und einiger alter Kunden und vor allen Dingen mit dem Großkunden Rheinisch Westfälische Bank (vormals Deutsche Bank) gelang ein guter Start.

Am 1. April 1946 wurde der erste Lehrling eingestellt. Heinz Götte erhielt im 1. Lehrjahr eine Erziehungsbeihilfe von 25,- Reichsmark, im 2. Lehrjahr 35,- Reichsmark und im 3. Lehrjahr 45,- Reichsmark. Am 16. 7. 1946 wurde ein ehemaliger Geselle aus der Vorkriegszeit. Herr Schütz, wieder eingestellt. Der Bruttolohn betrug per Tag, bei einer Arbeitszeit von 48 Stunden an 6 Tagen in der Woche, 8 Reichsmark. Der Altgeselle Herr Gerstung und ein Polierer, Herr Dehahne arbeiteten seit dem 20.7.1946 wieder in der Fa. Otterbein.

Eine kleine Begebenheit, die ich Hermann Otterbein jun. als neunjähriger Junge miterlebt habe: 

1946 war eine denkbar schlechte Zeit. Es gab kaum etwas zu essen, meine Eltern hungerten. Mein Vater lehnte jegliche Schiebergeschäfte ab. Zu meinem Vater kam ein solcher Schieber und wollte ihm einen wunderschönen handgearbeiteten Nähkasten für drei Pfund Butter abkaufen. Mein Vater rechnete und kam zu dem Ergebnis, dass drei Pfund Butter nur 3,60 Reichsmark kosten würden, er aber an dem Nähkasten 20 Stunden gearbeitet habe. Der Schieber sagte „In welcher Welt leben sie". Die Antwort meines Vaters lautete: „in der Richtigen" und zertrümmerte auf der Hobelbankecke den Nähkasten. Der Schieber verließ fluchtartig die Werkstatt.

Die Auftragslage war sehr gut. Schwierigkeiten bereitete der Materialeinkauf. Beschläge gab es nur gegen Eisenscheine, Holz nur gegen Holzscheite. Diese Scheine bekam man nur, wenn man für das „Amt für Wiederaufbau" arbeitete. Der Großkunde Rheinisch Westfälische Bank, der immer zwei unserer Gesellen beschäftigte, hatte gute Verbindungen zur Cronenberger Kleineisenindustrie. Mancher Beschlag und manches Werkzeug kam so, an den Zuteilungen vorbei, in den Besitz der Firma. 1947 war die Belegschaft auf drei Gesellen und zwei Lehrlingen angewachsen.

 

Am 20. 6. 1948 kam die lang ersehnte Währungsreform. Jeder deutsche Staatsbürger erhielt ein Kopfgeld von 40,- Deutsche Mark und Unternehmen für jeden Beschäftigten 60,- DM. Vor der Währungsreform erhielt die Fa. Otterbein von der Rheinisch Westfälischen Bank den Auftrag zehn Fernschreibergehäuse zu bauen mit der Maßgabe, dass die Bezahlung in „gutem Geld", in DM vorgenommen wird. Zwei Tage nach der Währungsreform bezahlte die RWB, die jetzt wieder Deutsche Bank hieß, den Betrag von DM 4800,- , ein für die damalige Zeit Riesenvermögen. Von da an ging es der Fa.Otterbein immer besser. Im Oktober wurde ein weiterer Lehrling eingestellt. Die Werkstatt in der Kasinostr. 24 wurde langsam zu klein.

 

Zur Lohnsituation: Ein Geselle verdiente bei 48 Stunden wöchentlich DM 60,96. Davon wurden Lohnsteuer DM 3,46 und Sozialversicherungsbeiträge DM 6,33 einbehalten, so dass eine Nettoauszahlung von DM 51,17 blieb. Der Bruttostundenlohnbetrug DM 1,27. Für Kunden lag der Verrechnungssatz für den Facharbeiter bei DM 2,60 und der eines Lehrlings bei DM 0,75.

An einem Sonntagmorgen im Jahre 1950 schellte es bei uns in der Wohnung Moritzstraße 4. Ein kleine ältere Dame stand an der Haustüre:„Kennen sie mich noch? Ich bin Frau Stern, aus der Sadowastraße. Sie haben im Jahre 1938 für uns die Möbel auseinandergenommen und verpackt. Am Steinbecker Güterbahnhof steht nun die Kiste, würden sie die Möbel für mich wieder zusammenbauen?"
 
Die Familie Stern hat die Kiste in den USA nie geöffnet. Sie wollten wieder zurück nach Deutschland. Herr Stern verstarb 1945 in den USA.

Am 28. März 1951 kaufte Hermann Otterbein das Inventar der in Konkurs gegangenen Schreinerei Peter Wendung in Wuppertal-Elberfeld Friedrichstraße 2, zum Preise von DM 2.000,- auf. Die Räume wurden angemietet. Der Umzug von der Kasinostraße zur Friedrichstraße wurde dringend notwendig. Man platzte aus allen Nähten. Die Kasinostraße wurde als Zweitwerkstatt gehalten, da sie direkt neben dem Kunden Deutsche Bank lag.

Eine kleine Begebenheit, die ich, Hermann Otterbein jun., als vierzehnjähriger Junge erlebte:

 

Die Firma besaß kein Auto oder Lieferfahrzeug. Die Gesellen fuhren mit dem Fahrrad zur Kundschaft. Größere Werkstücke wurden von Kleinspediteuren ausgeliefert. Wir hatten nun einen zweitürigen, zerlegbaren Kleiderschrank nach Wuppertal Vohwinkel zu liefern. Der Spediteur war belegt, der Kunde drängte. Man schnürte in der Werkstatt vier Pakete:
Paket 1) Schranksockel mit zwei Einlege­böden,
Paket 2) Schrankkappe mit zwei Einlegeböden,
Paket 3) Schranktüren mit Schrankrückwänden und
Paket 4) Schrankseiten mit der Mittelseite.

Nun begab man sich, 1 Geselle, 2 Lehrlinge und meine Wenigkeit zum Schwebebahnhof Döppersberg. Mit dem ersten Zug fuhren 2 Mann, einer im Vorderwagen, einer im Anhänger und mit dem nächsten Zug nach 7 Minuten folgten die zwei letzten Auslieferer. So kam der Schrank noch rechtzeitig zum Kunden.

 Am Jahresende 1951 kaufte die Firma Otterbein ein Auto, ein DKW Kleinbus, im Bild rechts zu sehen. Mit diesem Fahrzeug war man etwas unabhängiger von unseren Kleinspediteuren. Die Belegschaft war nun auf fünf Gesellen, einem Beizer und Polierer und drei Lehrlingen angewachsen. Ein Facharbeiter über 22 Jahren verdiente, bei 48 Wochenstunden DM 1,45 und unter 22 Jahren DM 1,31 per Stunde. Die Lehrlingsvergütung betrug DM 30,- ,40,- ,52,- in den drei Lehrjahren. Im 1. und 2. Beschäftigungsjahr stand den Gesellen 12 Werktage Urlaub zu. Im 3. bis 5. Beschäftigungsjahr 13 Werktage, im 5. bis 9. Beschäftigungsjahr 14 Werktage und im 10. und folgenden Beschäftigungsjahren 15 Werktage. Der Stundenverrechnungssatz für eine Facharbeiterstunde betrug DM 2,60 bis DM 2,80. Der Spediteur berechnete für eine Stunde mit Fahrzeug und Fahrer DM 5,40. Ein Kubikmeter Eichenholz-Stamm kostete DM 545,-. Buchenholz dagegen nur DM 330,-, Nussbaumholz DM 600,-, 1 Kilo Drahtstifte DM 0,85 bis 1,25. Bei Kalkulationen rechnete man über den Daumen mit einem Drittel Lohn und zwei Dritteln Material.


Die Auftragslage war recht gut. Es bestand ein ungeheuerlicher Nachholbedarf. Die Wohnungsnot wurde durch die große Bautätigkeit gemildert. Man kaufte Antiquitäten oder ließ solche restaurieren. Auf dem Gebiet des Innenausbaus war die Fa. Otterbein auch tätig. Zu große Aufträge wurden in Zusammenarbeit mit den Tischlereien Hanisch, Kirch, Wehmeier oder Kann erledigt. Kundenberatung, Planung und die Montage wurde dabei von uns übernommen. Es ging bergauf.

Im Jahre 1952 begann Hermann Otterbein jun. seine Lehre als Tischler bei der Fa. Lammert in der Felsenstraße in Wuppertal Elberfeld. Die Fa. Lammert stellte neue Möbel für die Architekten Gebrüder Becher her. Für die Stadt Wuppertal wurden Bautischlerarbeiten ausgeführt.

 

Mit steigendem Wohlstand stiegen auch die Löhne. Der Facharbeiter verdiente DM 1,65 bei 48 Wochenstunden, ges. DM 79,20. An Lohnsteuer wurden einbehalten: DM 6,43 und für die Sozialversicherung DM 7,40, so dass insgesamt DM 13,83 Abzüge einbehalten wurden. Das sind nicht ganz 11%. Eisenwaren waren nun ohne Bezugsschein zu bekommen. Schrauben wurden per Gros verkauft. 1 Gros sind 144 Stück. 1 Gros Schrauben in Messing 2,4 x 17 kostete DM 0,98, 1 Gros Schrauben in Eisen 4,5 x 35 kostete DM 1,63. Lindenholz per Kubikmeter DM 230,-. Die Lohnstunde eines Facharbeiters berechnete man mit DM 3,45, die eines Lehrlings mit DM 0,75.

1954 kaufte Hermann Otterbein ein Wohnhaus im Gelpetal. Dieses Haus, ein Fachwerkhaus, wurde mit eigenen Leuten aufgebaut. Ein Zimmermann wurde als Betriebshandwerker eingestellt. Die Belegschaft war auf 7 Gesellen und 3 Lehrlingen angewachsen. Die Auftragslage war mehr als gut. Lieferzeiten bei Restaurierungsarbeiten lagen etwa bei 6 Monaten. Ein zweiflügeliges Garagentor in massivem Eichenholz kostete fertig montiert DM 1.200,—.

 

Im Jahre 1955 beendete Hermann Otterbein jun. seine Tischlerlehre und begann seine Tätigkeit als Geselle im elterlichen Betrieb. Von 1955 bis 1960 stiegen die Löhne für Tischler erheblich. Im Jahr 1960 lag der Stundenverrechnungssatz bei DM 6,50. Ein Einbauschrank mit 8 großen und 8 kleinen Türen kostete DM 2.600,-. Im gleichen Jahr wurde unsere erste Praktikantin, Frau Gisela Vits eingestellt. Das war nicht so ganz einfach, da sich in unserem Betrieb keine Damentoilette befand. Das Praktikum dauerte ein Jahr. Die Belegschaft der Fa. Otterbein im Jahre 1960: 5 Gesellen, 2 Lehrlinge, 1 Praktikantin.


 

 Eine ganz interessante Tabelle der Oberfinanzdirektion Düsseldorf für das Jahr 1959-60. Demnach lagen für Tischler die Rohgewinne bei

  1. Alleinmeister bei 65%, der Reingewinn 43 %,
  2. bei Meister mit 1-2 Gesellen bei 40 % und der Reingewinn bei 25 % ,
  3. bei mehr als 4 Gesellen Rohgewinn 37 % und der Reingewinn 15 %.

Dies sind Vergleichszahlen, die bei Steuerprüfungen herangezogen wurden. Die Arbeitszeit wurde auf 45 Stunden verkürzt, natürlich bei vollem Lohnausgleich.

 

1959-1961 besuchte Hermann Otterbein jun. die Werkkunstschule in Trier und legte am 24. Februar 1961 die Meisterprüfung ab. Ab dem 1. März 1961 arbeitete Hermann Otterbein jun. als Meister im elterlichen Betrieb.

 

Mit einer weiteren Verkürzung der Arbeitszeit im Jahre 1964 auf 42 Stunden stiegen natürlich die Lohnkosten erheblich. Der Stundenverrechnungssatz lag bei DM 9,80,-. Die Auftragslage war noch sehr gut. Die Fa. Otterbein arbeitete in der Laurentiuskirche und restaurierte das Chorgestühl.

 

 

Im Jahre 1965 stieg der Ecklohn für Tischlergesellen auf DM 4,05, das entsprach einem Monatslohn von Brutto DM 737,10. Ein Meisterlohn lag bei Brutto DM 826,-. Die Erziehungsbeihilfe für Lehrlinge stieg auf DM 60,-, 75,- , 95,-. Die Sozialversicherungsbeiträge, Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung betrugen 25,5% der Bruttolohnsumme.



1966-1980

Die 2. Generation: Hermann Otterbein jun.

 

Ab dem 1. Januar 1966 kaufte Hermann Otterbein jun. den Betrieb von seinem Vater. Der Kaufpreis wurde von einem Betriebsberater und Gutachter der Handwerkskammer Düsseldorf ermittelt und betrug DM 14.348,83. Das waren etwas mehr als zwei Nettojahreseinkommen von Hermann Otterbein jun.. Die Betriebskonten wurden auf den Stand Null gebracht. Ferner verpflichtete sich der neue Betriebsinhaber Hermann Otterbein sen. bis zum 65. Lebensjahr zu beschäftigen und mit einem Meisterlohn monatlich zu bezahlen. Das waren zehn Jahre. Im Betrieb waren zur damaligen Zeit: 2 Gesellen, 1 Beizer und Polierer, 2 Lehrlinge und 1 Meister tätig. Die Auftragslage war gut, so dass man das erste Jahr sehr gut überstand. Durch große Kirchenaufträge in der Laurentiuskirche. der Suitbertuskirche und in der Herz Jesu Kirche, konnte die Belegschaft aufgestockt werden.

 Im Jahre 1968 beschäftigte die Fa. Otterbein 1 Meister, 8 Gesellen, 1 Hilfsarbeiter und 3 Lehrlinge. Ein kleines Ladenlokal in der Friedrichstraße Ecke Ludwigstraße wurde angemietet. Man verkaufte alte Kunst und Antiquitäten. 1968 war der Stundenlohn eines Gesellen auf DM 5,50 angestiegen, das ergab einen Monatslohn von DM  1.000,-, für Steuer und Sozialabgaben wurden 27 % abgehalten. Die Erziehhungsbeihilfe für Lehrlinge betrug DM 95,- , DM 105,- , DM115,-.

 

 

1976, mit dem Erreichen seines 65. Lebensjahres, schied Hermann Otterbein sen. aus.


 

 Im Jahre 1981 wurde das Handelsgeschäft von der Friedrichstraße in die Luisenstraße 63 verlegt. Der Verkauf wurde von Frau Gabriele Otterbein betrieben. Das Handelsgeschäft lief sehr gut und brachte eine Menge neuer Aufträge für die Werkstatt. Hier wurde es langsam zu eng. Die Suche nach einem geeigneten Objekt gestaltete sich recht schwierig. Es mussten das Bauordnungsamt, das Gewerbeaufsichtsamt und die Feuerwehr unter einen Hut gebracht werden. Mindestens 6 Objekte wurden so den Ämtern vorgestellt und nach eingehender Prüfung verworfen. Eines Tages gab ein Prüfer den Rat doch einfach etwas zu kaufen und danach auf eine Prüfung seitens der Städtischen Behörde zu warten. Wörtlich sagte er : „Wenn wir alle zur gleichen Zeit erscheinen, leiden wir alle an einer Profilneurose.“

 

1980 stiegen die Löhne kräftig an. So verdiente ein Facharbeiter DM 11,31. Das entsprach einem Bruttomonatslohn von DM 2.150. Des Weiteren wurde schrittweise das 13. Monatsgehalt eingeführt und zwar mit einer 50 %tigen Zahlung des Bruttomonatslohnes zum 1. Dezember. Die Beitragssätze zur Sozialversicherung stiegen auf 37 %. Die Bezüge der Lehrlinge, die neuerdings Auszubildende hießen und in der Abkürzung Azubis - ein fürchterliches Wort - stiegen auf DM 237,- , 334,- und 394,-. Der Stundenverrechnungssatz lag bei DM 32,-.

Im Jahre 1980 restaurierte die Fa. Otterbein ein Fachwerkhaus von 1695. Dieses Haus stand im Zentrum von Wuppertal Cronenberg, An der Hütte 10, und ist eines der ältesten Häuser Cronenbergs. Die Zimmermanns-Konstruktion wurde im unteren Bereich ganz erneuert. Man verarbeitete 8 Kubikmeter Eichenholzbalken, die maßgenau von einem Sägewerk am Niederrhein geliefert wurden. Im Inneren des Hauses wurden neue Decken eingezogen. Der gesamte Innenausbau wurde von der Fa. Otterbein ausgeführt. Für eine Tischlerei eine Herausforderung. (Fotos)



1980-2002

Die 2. Generation: Hermann Otterbein jun.

 

Im Jahre 1985 kaufte Hermann Otterbein jun. das Betriebsgebäude mit dem Wohnhaus in Wuppertal Cronenberg, Schulweg 39. In den Betriebsräumen befand sich vorher die in Konkurs gegangene Fa. Hufschmidt, ein Messwerkzeug Hersteller. Der Kaufpreis war DM 430.000. Mit Hilfe einer Hypothek von der Stadtsparkasse und mit dem Aufbrauchen der eigenen Reserven wurden die Werkstatträume umgebaut. Eine neue Elektroanlage installiert. Die Decken wurden mit feuerhemmenden Platten abgehangen.

 In mancher Samstagsarbeit halfen die Gesellen, Lehrlinge und die Familie beim Ausbau mit. Freunde nahmen den Innenanstrich vor. Andere wiederum halfen beim Transport der Maschinen von der Friedrichstraße zum Schulweg. Am 31. Dezember 1985 war alles umgezogen. Mit einer zünftigen Sylvesterfeier, zu der alle treuen Helfer eingeladen waren, weihte man die neue Werkstatt ein. Der Umzug hatte sich gelohnt. Hatten wir in der Friedrichstraße eine Werkstatt über drei Etagen, so lagen am Schulweg die Räume in einer Ebene. Vom Umsatz verzeichneten wir eine Steigerung von über 30.000,-, d.h. wir hatten in der Friedrichstraße immer eine Arbeitskraft im Treppenhaus stehen.


Im Jahre 1986 feierten wir in den neuen Räumen unser 50-jähriges Betriebsjubiläum. Viele Kollegen aus der Tischlerinnung Wuppertal ,dem Innungsverband Dortmund und der Handwerkskammer Düsseldorf waren unter den Gratulanten. Aber auch ehemalige Lehrlinge. So war der erste Lehrling nach dem Krieg, Heinz Götte, dessen Sohn zur Zeit bei uns in der Ausbildung war, unter den Gratulanten. Für uns alle war es ein unvergesslicher Tag.

Die Belegschaft bestand aus 5 Gesellen, 2 Auszubildende, 1 Praktikantin, 1 Bürokraft. Die Auftragslage war gut. In den neuen Räumen konnte man, nach und nach den Maschinenpark modernisieren und teilweise erneuern. Der Stundenlohn für Gesellen war DM 15,29. Das Urlaubsgeld betrug 45 % des Urlaubslohnes. Der Urlaub war auf 27 Tage gestiegen. Die Sonderzahlung im Dezember betrug 55 % des Monatslohnes. Der Stundenverrechnungssatz war auf DM 55,- gestiegen. Die Ausbildungsvergütung stieg monatlich auf DM 413,- , 505,-  und 612,-. Das Urlaubsgeld betrug DM 352,- und die Sonderzahlung im Dezember DM 321,-. Die hohen Kosten erhöhten den Druck auf die Betriebe aber auch auf deren Mitarbeiter.

 

Die Auftragslage war in den späten 80er und in den frühen 90er Jahren gut. 70 % des Betriebsumsatzes wurde durch Restaurierungsarbeiten, 20% durch Handel und nur 10 % durch Neuanfertigungen erwirtschaftet.

 

 

Am 1.8.1990 begann Daniel Otterbein seine Ausbildung zum Tischler. Der Ausbildungsbetrieb war die Tischlerei Landsiedel in Wuppertal - Küllenhahn. Herr Thomas Landsiedel hatte in der Fa. Otterbein seine Lehre 1978 abgeschlossen. Nach dem zweiten Lehrjahr wechselte Daniel Otterbein in den elterlichen Betrieb, um das letzte Lehrjahr dort zu beenden. Am 24.6.1993 endete die Lehre mit der bestandenen Gesellenprüfung. Bis zum 30.7. 1995 war Daniel Otterbein im elterlichen Betrieb beschäftigt. Ab dem 1.8.1995 wechselte er in die, nach der Wiedervereinigung Deutschlands freigewordenen „Neuen Länder" nach Brandenburg, genauer nach Ratenow, um sich dort, in einer Schreinerei, die Innenausbau und Bautischlerarbeiten ausführte, weiter zu bilden.


Durch einen erheblichen Strukturwandel in der Luisenstraße und durch eine kräftige Mieterhöhung war der Laden dort nicht mehr zu halten.

 

Als man im Jahre 1981 in die Luisenstraße zog, waren in dem Quartier fünf Antiquitäten-Geschäfte , Kunstgewerbegeschäfte, Schmuck und Uhrenläden, Modegeschäfte und nur wenige Gaststätten. Jetzt jedoch machten sich die Gaststätten und Kneipen breit. Der Publikumsverkehr verlagerte sich auf die Nachtstunden. Für ein Einzelhandelsgeschäft tödlich. Am 31. März  1996 wurde das Geschäft geschlossen. Am 31.3.1997 kam Daniel Otterbein wieder zurück, um am 1.4.1997 die Meisterschule für Tischler im Tagesunterricht bei der Handwerkskammer Düsseldorf zu absolvieren.

 Am 20.10.1997 verstarb der Gründer der Tischlerei Otterbein, Herr Hermann Otterbein sen..

 Am 10.8.1998 legte Daniel Otterbein erfolgreich die Meisterprüfung ab. Das Meisterstück nahm an dem überregionalem Wettbewerb „Die Gute Form“ in Köln teil und erhielt eine Belobigung.

Ab dem 4. September 1998 studierte Daniel Otterbein an der Akademie des Handwerks auf Schloss Raesfeld, in der Fachrichtung Holz, um die Restauratorenprüfung abzulegen. Daniel Otterbein hatte sich als Projektarbeit eine Doppelschlägige-Nageltüre vorgenommen, die aus der Renaissance-Zeit stammte. Die Projektarbeit musste in gebundener Form zur Prüfung eingereicht werden. Am 24. September 2001 legte Daniel Otterbein erfolgreich die Restauratorenprüfung im Tischlerhandwerk ab.

 Im Jahre 1999 - 2000 wurde in Deutschland der Euro eingeführt. Die gute alte Deutsche Mark ( DM ) gab es nicht mehr. Während die Umsätze in 1999 sehr zufriedenstellend waren, steuerten wir 2000 in eine leichte Rezession. Es wurde Personal abgebaut. Die Beschäftigtenzahl fiel auf 1 Meister, 1 Geselle und 1 Auszubildender. 2002 legte der letzte Auszubildende von Hermann Otterbein jun. die Gesellenprüfung ab. Emanuel Haselmeier wurde als Innungsbester besonders geehrt und für den Wettbewerb „Die Gute Form" überregional ausgewählt. Leider konnte er nicht übernommen werden, da die Auftragslage nicht berauschend war.


2003 bis heute

Die 3. Generation: Daniel Otterbein

 

Im Jahre 2003 pachtete Daniel Otterbein den elterlichen Betrieb. Hermann Otterbein zog sich aus der Firma zurück und stand aber seinem Sohn mit Rat und Tat zur Seite. Der Pachtvertrag lief über fünf Jahre.

 Durch die Wiederbelebung der Wirtschaft und durch eine Umstellung der Produktpalette, d.h. man verlegte sich verstärkt auf Innenausbau und die Montage von Fertigteilen wie Türen und Fenster, stieg der Umsatz. Es konnte wieder ein Facharbeiter eingestellt werden. Der Betrieb beschäftigte nun 2 Meister, 1 Gesellen, 1 Auszubildenden und eine Praktikantin.

 

Die Gründung der Vereinigung: „Die Cronenberger Handwerker“ im Jahre 2004, brachte noch zusätzliche Arbeiten in die Werkstatt. In der Handwerkervereinigung sind 11 verschiedene Gewerke vereint. Man macht gemeinsame Werbung und unterstützt sich gegenseitig bei der Vergabe von Aufträgen. Eine gute Sache, wenn alle Mitglieder zuverlässig und fachgerecht arbeiten. In den Jahren 2005 und 2006 kamen größere Restaurierungs-Aufträge. Fenstersanierung im Schloss Wittringen, Fenstersanierung im Schloss Lüntenbeck, Fenstersanierung im Engelshaus und Arbeiten in der Historischen Stadthalle Wuppertal.

Am 31.12.2007 kauft Daniel Otterbein die Betriebseinrichtung, das Material und das Werkstattgebäude von Hermann Otterbein jun. Damit ist endgültig die zweite Generation abgefunden und die dritte Generation kann sich frei entfalten.

Diese Firmengeschichte wurde im September 2007 von Hermann Otterbein jun. niedergeschrieben.

"Ich wünsche der jungen, dritten Generation, meiner Schwiegertochter Andrea und meinem Sohn Daniel viel Glück und Erfolg für die nächsten Jahre; mögen sie im Sinne des Firmengründers weiter tätig sein und handeln. Gott segne das ehrbare Handwerk."

 

- Hermann Otterbein jun.